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Kath. Pfarramt "St. Martin" Batzenhofen
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Augsburg, 20. Juni 2002      

 
 
Kath. Kirchenstiftung "St. Martin" Batzenhofen

hier: Orgel der Pfarrkirche

zum Ortstermin vom 12.06.2002
 
 
 
 
Hochwürdiger Herr Pfarrer Walser, sehr geehrte Mitglieder der Kirchenverwaltung!

Ihrem Wunsche entsprechend habe ich am 12.06.2002 die Orgel in Ihrer Pfarrkirche geprüft. Es handelt sich um eine ca. 1920 von der Orgelbauwerkstätte Julius Schwarzbauer / Mindelheim als opus 58 erbaute pneumatische Kegelladenorgel. Das Werk befindet sich hinter einem sehr schönen fünffeldrigen neubarocken Prospekt auf der zweiten (oberen) Westempore der Kirche. Die beiden Manualwindladen stehen im Gehäuse auf Sturz. Der Spieltisch befindet sich mittig und freistehend vor der Orgel. Die Blickrichtung des Spielers ist zum Altar. Der vor kurzem erneuerte Gebläsemotor befindet sich auf dem Kirchendachboden, die Ansaugung des Orgelwindes geschieht aus dem Kirchenraum. Der Motor versorgt einen großen Doppelfaltenbalg, der sich in einem einfachen, teilweise offenen Bretterverschag befindet.

Die Disposition der Orgel ist folgende:

1. Manual:
C-f'''
 

Bourdon 16'
Principal 8'
Gedeckt 8'
Flöte 8'
Salicional 8'
Oktav 4'

2. Manual:
C-f'''
(schwellbar)

Geigenprincipal 8'
Lieblich Gedeckt 8'
Salicional 8'
Aeoline 8'
Voxcoelestis 8'
Flöte 4' als Traversflöte gebaut
Quinte 2 2/3' (Aufschrift an der Registerwippe 1 1/3')
Piccolo 2'

Pedal:
C-d'
 

Subbaß 16'
Stillgedeckt 16' Windabschw.
Violinbaß 8'
Cello 8'

Normalkoppeln, Sub- und Superkoppel II/I FP und Auslöser; p, mf, f, Tutti und Auslöser


 
 
 
 
 
Die technische Anlage des Instruments ist sehr eng gebaut und kaum zugänglich. Das Werk weist z.Zt. viele Funktionsstörungen auf. Die Windversorgung ist trotz des neuen Gebläses völlig unzureichend, da sich der Magazinbalg im Dachboden kaum noch öffnet - wohl aufgrund vorhandener Löcher in den Zwickeln. Der Klang des Instruments und die Intonation der Register ist verglichen mit anderen Instrumenten der spätromantischen Epoche ungenügend, ausdruckslos und blass obwohl die verschiedenen Pfeifenreihen technisch in einem verhältnismäßig guten Zustand sind.  Der Spieltisch ist inzwischen völlig verbraucht und weist große Störungen auf. Ferner ist das Werk stark verschmutzt. Anobienbefall läßt sich an den Verschlägen und den Holzpfeifen feststellen.


Von einer Generalüberholung des bestehenden Orgelwerks ist aus mehreren Gründen abzuraten:
 
1. Aufgrund der engen Bauweise bleibt das Instrument auch nach einer Generalüberholung wartungsunfreundlich und wird dadurch weiterhin zu Störungen neigen.
2. Jetzige große Schwächen des Instruments wie z.B. die ungenügende Wirkung der Schwellklappen des II. Manuals und die mäßige Intonation bleiben bestehen.
3. Für eine sachgerechte Generalüberholung müßte das technische System des Spieltisches komplett erneuert werden. Dies ist mit sehr hohen Kosten verbunden, die den Aufwand für eine solche überholung sehr in Frage stellen.
 
Zu empfehlen ist daher eine generelle technische und klangliche Neukonzeption des Instruments, wobei das Pfeifenmaterial der jetzigen Orgel, das durchaus intonatorische Reserven hat, das Orgelgehäuse, der Gebläsemotor und der Balg weiterverwendet werden können.
 
Für eine solche Erneuerung des Werkes bieten sich zwei Konzepte an:
 
1. Bau einer Orgel mit sogenannten Wechselschleifen für die Manualwindlade, d.h. alle Register sind wahlweise auf dem ersten oder zweiten Manual spielbar.
 
Dispositionsvorschlag:

Manual:
C-g'''
Bourdon 16' alt
Principal 8' (neue Prospektpfeifen,
      Fortsetzung Innenpfeifen eventuell alt)

Flöte 8' (alt)
Lieblich Gedeckt 8' (alt)
Salicional 8' (alt)
Vox coelestis 8' (alt)
Oktav 4' (alt)
Flöte 4' (alt)
Quinte 2 2/3' (alt)
Piccolo 2' (alt)
Terz 1 3/5' (neu)
Mixtur 2' (neu)
Trompete 8' (neu)

Pedal
C-f'
Subbaß 16' (alt)
Violon 8' (alt)


angebauter Spielschrank, mechanische Spiel- und Registertraktur, Normalkoppeln
 
 
 
 
2. Bau eines Instruments im Stil einer kleineren Orgel der französischen Spätromantik. Dieses Konzept basiert auf einer relativ kleinen Registerzahl und ist doch sehr farbenreich im Klang.
 
Dispositionsvorschlag:

1. Manual:
C-f'''
Bourdon 16' (alt)
Principal 8' (teilw. neu s.o.)
Flöte 8' (alt)
Gamba 8' (z.T. alt aus Cello)
Oktav 4' (alt)
Mixtur 2 2/3' (z.T. alt aus
  Quint 2 2/3' und Piccolo 2'
  der bisherigen Orgel mit
  entspr. ergänzenden Chören)

2. Manual:
C-f'''
(Schwellwerk
in neuem Schwellkasten)

Lieblich Gedeckt 8' (alt)
Salicional 8' (alt)
Vox coelestis 8' (alt)
Flûte trav. 4' (alt)
Tromp. harmonique 8' (neu)
Oboe 8' (neu)

Pedal
C-f'
Bourdon 16'(Transmission)


angebauter Spieltisch, mechanische Spieltraktur, elektrische Registertraktur, Normalkoppeln, Sub- und Superkoppel II/II und II/I, Absteller (Appel) für Trompette harmonique 8', Oktav 4' und Mixtur 2 2/3'.
 
Mit den Orgelbauarbeiten sollten Sie eine qualitätvoll arbeitende Orgelbauwerkstätte beauftragen, die das entsprechende "know-kow" für die genannten Konzepte besitzt.
 
Für den Fall, daß Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
 
Mit freundlichen Grüßen

P. Stefan U. Kling - Amtlicher Orgelsachverständiger


 

 
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